Risiko vs. Unsicherheit: Der Schlüssel für erfolgreiches Anlegen

Ein Wissensbeitrag zum Thema Aktien von Jens Herold Esteves

Lerne mit uns durch das Verständnis des Unterschieds zwischen Risiko und Unsicherheit, die Volatilität der Märkte mit Zuversicht zu meistern und neu über Deine Investitionsentscheidungen nachdenken.

Zuletzt aktualisiert am: 18.9.2024
4 min
Finanzseite.net Glossar
Finanzseite.net Glossar[Photo by Gabriella Clare Marino on Unsplash]

Was ist eigentlich Unsicherheit?

In der deutschen Sprache verwenden wir Risiko, Unsicherheit und Ungewissheit oft synonym. Ähnlich halten wir es mit der Bewertung unserer Investition- und Anlageentscheidungen. Wir unterteilen Finanzprodukte in risikoarm und risikoreich, sprechen von sicheren und unsicheren Anlagen und wollen uns gegen die Ungewissheiten des Marktes absichern. Dies tun wir beispielsweise mit Versicherungen oder Zertifikaten.

Was machen wir aber mit Risiken für die es keine Versicherung gibt, einfach weil sie niemand kennt? Wann sind Produkte die wir kaufen oder Entscheidungen die wir treffen und als unsicher bezeichnen auch tatsächlich unsicher?

Die ökonomische Entscheidungstheorie ist zum Glück etwas präziser als die deutsche Sprache: Zeit etwas Ordnung in diese babylonische Sprachverwirrung zu bringen.

Risiko:

Unter Risiko versteht die ökonomische Entscheidungstheorie, quantifizier- oder messbare Ereignisse, denen sich eine Eintrittswahrscheinlichkeit zuordnen lässt. Es ist dabei unerheblich ob dieses Risiko mathematisch richtig oder nur approximativ geschätzt werden kann. Subjektive Einschätzung, wie das berühmte Bauchgefühl liegen oftmals sehr gut, teils aber auch katastrophal daneben.

Unabhängig vom Ergebnis im konkreten Fall liegt jeder Risikoeinschätzung aber eine fundamentale Überlegung und Klassifizierung verschiedener Eintrittswahrscheinlichkeiten zu Grunde.

Unsicherheit oder Ungewissheit:

Unsicherheit ist hingegen etwas vollkommen anderes: Die auf den Ökonomen der Universität Chicago Frank Knight (1885 - 1972) zurückführende (ökonomische) Unsicherheit oder Ungewissheit beschreibt einen Mangel an quantifizierbarem Wissen über ein mögliches Ereignis. Letztlich erkennt das Konzept einen grundlegenden Grad an Unwissenheit, eine Grenze des Wissens und eine wesentliche Unvorhersehbarkeit zukünftiger Ereignisse an.

Uncertainty must be taken in a sense radically distinct from the familiar notion of Risk, from which it has never been properly separated.... The essential fact is that 'risk' means in some cases a quantity susceptible of measurement, while at other times it is something distinctly not of this character; and there are far-reaching and crucial differences in the bearings of the phenomena depending on which of the two is really present and operating.... It will appear that a measurable uncertainty, or 'risk' proper, as we shall use the term, is so far different from an unmeasurable one that it is not in effect an uncertainty at all. Frank Knight, 1921 in Risk, Uncertainty, and Profit.

Risiko - Wohlkalkuliert aber mit der Chance falsch zu liegen.
Risiko - Wohlkalkuliert aber mit der Chance falsch zu liegen.[Photo by Sammie Chaffin on Unsplash]

Bedeutung von Risiko und Unsicherheit am Aktienmarkt

Risiko am Aktienmarkt:

Am Aktienmarkt bedeutet Risiko, dass Anleger die Wahrscheinlichkeiten der möglichen Verluste oder Gewinne kennen und zumindest einschätzen können. Beispielsweise lässt sich das Risiko einer

durch historische Kursschwankungen oder andere statistische Kennzahlen einschätzen.

Beispiele für Risiko:
  1. Marktrisiko: Es besteht die Möglichkeit, dass der Gesamtmarkt fällt, was den Wert der Aktien senken könnte.
  2. Kreditrisiko: Die Gefahr, dass ein Unternehmen seine Schulden nicht bedienen kann, kann den Wert einer Aktie nachhaltig beeinträchtigen.
  3. Liquiditätsrisiko: Das Risiko, dass eine Aktie nicht schnell genug verkauft werden kann, hat Auswirkungen auf den Marktpreis.
Unsicherheit am Aktienmarkt:

Am Aktienmarkt bezieht sich Unsicherheit hingegen auf Situationen, in denen es keine Möglichkeit gibt, aus historischen Daten, oder den vorliegenden Einschätzungen anderer Marktteilnehmer Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu erlangen.

Beispiele für Unsicherheit:
  1. Unvorhergesehene Ereignisse: Unter Unsicherheit fallen Ereignisse wie Naturkatastrophen, politische Umwälzungen und Kriege oder Pandemien, deren Eintritt und Auswirkungen unvorhersehbar oder noch nicht abschätzbar sind.
  2. Technologische Durchbrüche: Innovationen können Märkte und Branchen disruptiv verändern. Wann diese erfolgen oder wann der Markt oder andere Entscheidungsgrößten den Wert oder Nutzen dieser Disruption erkennen, ist unsicher und schwer vorherzusagen.
  3. Politische Prozesse: Neue Gesetze oder Vorschriften können erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen haben. Da politische Prozesse und Entscheidungen aber oft im Zusammenhang mit anderen, überhaupt nicht verbundenen Entscheidungen getroffen werden müssen, sprechen wir auch in diesem Fall von Unsicherheit.

Wie sollten Anleger mit Risiko und wie mit Unsicherheit umgehen?

Risiko braucht ein adäquates Management

Risikomanagement: Da Risiko quantifizierbar ist, können Anleger mit Hilfe von Risikomanagement-Strategien wie Diversifikation, Hedging und Derivaten Risiko aktiv mindern.

Unsicherheit kann mit Resilienz begegnet werden

Bewältigung von Unsicherheit: Unsicherheit ist schwieriger zu bewältigen als Risiken, da sich die unmittelbare Zukunft nicht mit Wahrscheinlichkeiten abschätzen lässt.

Eine Möglichkeit der Unsicherheit zu begegnen ist Resilienz. Resilienz bezieht sich auf die Fähigkeit eines Systems, einer Organisation oder einer Person, sich an Veränderungen anzupassen, Krisen zu überstehen und sich von Schocks zu erholen. Resilientes Verhalten am Aktienmarkt zeichnet sich beispielsweise durch:

  • Anpassungsfähigkeit und Flexibilität
  • Diversifikation und Risikostreuung
  • Szenarien-Denkweise
  • Kontinuierliches Lernen
  • Kooperationslösungen

aus. Diese flexible aber vorsichtige Herangehensweise erlaubt es, bei unvorhergesehene Ereignisse entspannt zu bleiben, und informierte, rationale Entscheidungen zu treffen.

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